Dies
ist eine Archivseite mit dem inhaltlichen Stand von 1999
und wird nicht aktualisiert. Sie zeigt den damaligen
Stand der Zoos und bleibt als historisches Dokument
online. |
Exkursionsbericht Zoopark Erfurt
14. März 1999, Führung zur ZooKunft-Tagung 1999
Ab 10 Uhr schlängelte sich
eine nahezu endlose Kette aus Zoo- und Tierfachleuten durch den
Zoopark. Manche davon bemüht, mit Dir. Neuschulz Schritt zu
halten und seine Erläuterungen mitzubekommen, andere zunehmend
zurückbleibend und in kleinen Gruppen die neuen Gehege
diskutierend.
Noch war es nicht möglich, die Außenkäfige des
Raubtierhauses umzubauen, aber mehrere sind jetzt nun noch mit
kleinen Arten besetzt. Innen breitet sich bereits eine ganz
andere Atmosphäre aus: Rindenmulchboden, bepflanzte Baumstümpfe
und die mit Sackleinen abgehängte Decke lassen geradezu
Urwald-Feeling aufkommen.
Direkt unterhalb wurde erst kürzlich die neue
Straßenbahn-Endhaltestelle erbaut, der dazu passende
Haupteingang kann kommen.
Gerade erst eröffnet wurde eine begehbare Berberaffen-Anlage.
Nein, nicht schon wieder ein dem Untergang geweihtes Wäldchen;
hier entstand am sonnigen Südhang eine weite Grasanlage, mehrere
Hektar groß, mit Wasserfällen, Felspartien, aber auch Grüninseln
und Klettergerüsten. Umzäunt wird das Ganze durch einen Zaun mit
speziell entwickeltem Netz, in das Schreckstrom führende
Drähte eingewebt sind. Von der Aussichtsplattform hat man weiten
Blick über die Plattenbausiedlung.
An den alten
Fachwerkgebäuden des Wirtschaftshofs sind nun die großen Weiden
der Kaltblutpferde zugänglich. Bald werden auch "gewöhnliche"
Zoobesucher auf dem oberen Weg zurückgehen können, entlang des
geschützten Trockenrasengebiets und einer riesigen Pferdeweide.
Im Anschluß daran, am buschbestandenen, warmen Hang, sollen
später Großkatzen untergebracht werden, z.B. Sibirertiger. Weit
hinten im Wald entsteht gerade eine weitläufige Bisonanlage mit
großem Haus. Die alten, völlig verfallenen Haustierabteile
sollen einer neuen Bärenanlage weichen. Im Kinderzoobereich sind
fast alle der unsäglichen Kleinkäfige verschwunden - zumindest
der alte Affen-Rundkäfig sollte aber als historische Erinnerung
erhalten bleiben.
Vor dem Giraffenhaus entstand eine neue, dicht
bewachsene Lißtaffenanlage mit Wasserfall und rundem
Plexiglas-Vorbau, der stark beim leisesten Klopfen laut dröhnt.
Neu ist auch ein verglastes Haus mit Außenvoliere für
Gebirgsloris.
Im Elefantenhaus sind
zahlreiche der alten Mini-Terrarien umgebaut oder zusammengefaßt
zu größeren, meist sehr natürlich eingerichteten Gehegen. Die
beiden auf dem Umweg über Tierhändler Giazza aus dem
Tuli-Reservat importieren Elefantenkinder "Sani" und "Seronga"
locken natürlich die meisten Besucher an. Sie hatten ja auch
europaweit genügend Publicity, wenn auch negative. Den
zweifellos gegenüber der Öffentlichkeit gemachten Fehler stehen
jetzt offensive Besucherinformationen gegenüber: Zwei große
Doppeltafeln über "Der lange Weg der jungen Elefanten" zeigen
mutig auch Negativschlagzeilen und stellen ausführlich die Sicht
des Zooparks dar. Im
Internet wird dies ebenfalls verbreitet.
Das Affenhaus ist äußerlich noch immer häßlich
wie je: Dunkle, schwere Gitterstäbe von blau gekachelten,
langsam verfallenden Käfigen - dabei werden hier doch
einzigartige Tiere wie Nilgiri-Languren und Bären-Stummelaffen
gehalten, was das Zoopublikum freilich kaum mitbekommt.
Direkt oberhalb wurde mit
großem Aufwand das neue Nashornhaus erbaut. Zweifellos,
die Tiere haben viel Platz, innen wie außen. Vom Gesichtspunkt
der Tierhaltung ist wenig auszusetzen. Aber die Gestaltung...
Ich kenne kaum jemanden, dem das Sichtbetongebäude mit der
schräg darüber schwebenden Dachplatte gefällt. Gewiß, moderne
Architektur vom Feinsten. Aber für Nashörner? Wo ist der Ansatz,
dem Zoobesucher nicht nur das Tier zu präsentieren, sondern auch
etwas über seinen Lebensraum und sein natürliches Verhalten zu
vermitteln? (Das hat Dir. Neuschulz auf der Tagung selbst
gefordert.) Von der Metallgitterbrücke gibt es nur den alten
Gruben-Blick-Effekt, im Haus verbreiten Stahl, Glas und Beton den Charme einer Lagerhalle, und
auch die Außengehege wirken nicht als Landschaft. Die
Nashornausstellung ist interessant und informativ, doch die in
den Raum ragenden Vitrinen zerstückeln den eigentlich
großzügigen Besucherbereich und wirken eher abweisend. Im alten
Raubtierhaus ist eine naturnahe Gestaltung mit wenig Aufwand
möglich - und ein Millionenbau muß die Besucher mit grauem
Sichtbeton traktieren? Wirklich gut gelungen ist das scheinbar
durch die Wand brechende Kunst-Nashorn - zumindest ist
es zeitgleich mit einer ähnlichen Darstellung in Münster aus
einem US-Zoo abgekupfert. Egal, Hauptsache, es wirkt. Das
Nashornhaus wirkt auch - beeindruckend. Mir wäre lieber, die
Nashörner selbst wären der Beeindruckende...
Geschmack hin oder her -
die neuen Anlagen im Zoopark Erfurt zeugen durchwegs von
Tierhaltung auf oberstem Niveau. Erstaunlich, wie schnell die
zweifellos reichlichen "Altlasten" verschwinden und großzügige
neue Gehege entstehen. Fläche hat der Zoopark genug, und sie
auch konsequent zu nutzen ist nur folgerichtig. Regelmäßige
Besuche in Erfurt sind für uns wohl angesagt!
Vor
der ZooKunft-Tagung besuchten wir den Tierpark
Gotha, anschließend Tiertieranlage Kelbra, Kleintierzoo
Rottleberode, Bärenschutzpark Worbis
Teilnehmer: Sven Schulze, Antje Fischer, Michael
Schleef, Dirk Petzold, Martina Raffel
© Fotos & Text: Dirk
Petzold
Diese
Seite wurde erstellt am 28.3.1999 - Zoo-AG Homepage  |